© Jonas Holthaus

Christoph Eschenbach

Es wurde immer wieder versucht, das Phänomen Christoph Eschenbach zu beschreiben: Weltweit aktiv als Dirigent und Pianist, berühmt für die Breite seines Repertoires und die Tiefe seiner Interpretationen, unermüdlich als Förderer junger musikalischer Talente, Träger höchster musikalischer Ehren.

 

Seine größte Passion bezieht sich ohnehin längst nicht mehr auf die eigene Karriere. Er möchte die Fackel weitergeben an die nächste Generation, als Mentor, der sich selbst inspirieren und mitreißen lässt von der Energie und Motivation der Jungen, die er als „hundertprozentige Künstler“ beschreibt. Zu seinen Entdeckungen zählen der Pianist Lang Lang, die Sängerin Renée Fleming, die Violinistin Julia Fischer oder die Cellisten Leonard Elschenbroich und Daniel Müller-Schott. Die künftige Weltklasse fördert er zudem als Künstlerischer Beirat und Dozent der Kronberg Academy, der legendären Eliteschmiede für junge Geiger, Cellisten und Bratschisten. Jetzt mitte 80, wird Christoph Eschenbach selbst nicht müde, zu neuen Ufern aufzubrechen – ab September 2024 wir er Künstlerischer Leiter der NFM Philharmonie in Wroclaw, die Stadt seiner Geburt.

 

CHRISTOPH ESCHENBACH. DIE STATIONEN IM ÜBERBLICK

 

Christoph Eschenbach (*20. Februar 1940) wuchs als Kriegswaise bei der Cousine seiner Mutter, der Pianistin Wallydore Eschenbach, in Schleswig-Holstein und Aachen auf. Der Unterricht bei ihr legte den Grundstein für einen glänzenden musikalischen Werdegang. Nach dem Studium bei Eliza Hansen (Klavier) und Wilhelm Brückner-Rüggeberg (Dirigieren) ebneten ihm erste Preise als Pianist beim ARD-Wettbewerb 1962 und dem Concours Clara Haskil 1965 auch international den Weg.

 

Gefördert von Mentoren wie George Szell und Herbert von Karajan, verlagerte Eschenbach seinen Fokus zunehmend auf das „Dirigieren“: Er war Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Züricher Tonhalle-Orchesters von 1982—1986, Musikalischer Direktor der Houston Symphony von 1988—1999, Künstlerischer Leiter des Schleswig-Holstein Musik Festivals von 1999—2002 sowie Musikalischer Direktor des NDR Sinfonieorchesters von 1998—2004, des Philadelphia Orchestra von 2003—2008 und des Orchestre de Paris von 2000—2010. Von 2010—2017 leitete Eschenbach das Washington National Symphony Orchestra. In den Saisonen 2019/20 bis 2022/23 war er Chefdirigent des Konzerthausorchesters Berlin.
 

Als Gegengewicht zu seinen vielen festen Verpflichtungen setzt Eschenbach bewusst auf eine extensive Gastdirigenten-Tätigkeit, unter anderem bei den Wiener und Berliner Philharmonikern, dem Chicago Symphony Orchestra, der Staatskapelle Dresden, dem New York Philharmonic, der Scala, dem London Philharmonic Orchestra sowie dem NHK Symphony Orchestra, Tokyo.

 

Die beeindruckende Diskografie von Christoph Eschenbach, sowohl als Dirigent wie als Pianist, entstand im Lauf von sechs Jahrzehnten und reicht von J.S. Bach zu zeitgenössischer Musik und einige Kompositionen auch ihm gewidmet, z. B. das 1. Klavierkonzert von Hans Werner Henze. Zahlreiche Einspielungen haben mittlerweile Referenzstatus und wurden mit prestigeträchtigen Preisen ausgezeichnet, darunter der Preis der Deutschen Schallplattenkritik, der MIDEM Classical Award und der Grammy Award.

 

Christoph Eschenbach erhielt kürzlich den Ehrendoktortitel von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt, ist Ritter der Légion d’Honneur, Commandeur des Arts et des Lettres, Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes und Gewinner des Leonard Bernstein Preises. 2015 wurde er als Pianist und Dirigent mit dem Ernst-von-Siemens-Musikpreis ausgezeichnet.